Kinder-Lebensmittel-Werbegesetz mit fraglicher Wirkung
Juni 23
Im Auftrag des Markenverbands hat Düsseldorf Competition Economics ein ökonomisches Gutachten zu den Folgen des geplanten Kinder-Lebensmittel-Werbegesetz (KLWG) erstellt. Das Autorinnenteam um Prof. Dr. Justus Haucap kommt zu dem Ergebnis, dass das KLWG in der voliegenden Entwurfsform nicht nur seine beabsichtigte Wirkung verfehle, zur Verbesserung der Gesundheit von Kindern beizutragen, sondern den Lebensmittel- und Medienstandort Deutschland massiv gefährden würde.
Die wesentlichen Ergebnisse lauten:
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Schätzungen zur Folge wird das Werbeverbot im KLWG dazu führen, dass dem Werbemarkt voraussichtlich zwischen 2,94 Milliarden Euro und 1,99 Milliarden entzogen werden. Das entspricht etwa 74 Prozent der Bruttowerbeumsätze mit Lebensmittelwerbung und damit fast acht Prozent der Bruttowerbeumsätze des Jahres 2022 insgesamt.
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Das KLWG beschneidet die wichtigste Finanzierungsgrundlage der privatwirtschaftlichen Rundfunkunternehmen und schwächt damit ihre Wettbewerbsposition gegenüber öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, die sich überwiegend aus Rundfunkbeiträgen finanzieren. Damit wirkt das geplante Werbeverbot als „Brandbeschleuniger“ für das schleichende „Mediensterben“ und gefährdet somit die Meinungs- und Medienvielfalt in Deutschland. In der Konsequenz droht eine fundamentale Verschiebung im dualen Rundfunksystem. Die Schwächung des privaten Rundfunks ist gleichbedeutend mit einer indirekten Stärkung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, der vom Werbeverbot kaum betroffen ist, und ggf. auch einer indirekten Stärkung von Medienplattformen im Internet wie Netflix und AmazonPrime, welche weniger auf Werbeerlöse angewiesen sind, da sie sich über monatliche Beiträge finanzieren. Damit steigt tendenziell die Notwendigkeit und auch Abhängigkeit, Meinungspluralismus und Medienvielfalt vor allem im
öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu gewährleisten. Anders ausgedrückt: Durch ein Werbeverbot wird künstlich erschwert, dass Meinungspluralismus und Medienvielfalt auch durch Markt und Wettbewerb und privates Unternehmertum in einer dualen Medienordnung erbracht werden können. -
Das geplante Werbeverbot schwächt nicht nur die privatwirtschaftlichen Rundfunkunternehmen. Es bedeutet ebenfalls Umsatzeinbußen für Agenturen (Media-Agenturen sowie Werbe- und Kreativagenturen) und deren Dienstleister,* wie z. B. Regisseuren, Filmproduzenten, Fotographen, Druckereien sowie Stylisten. Laut den Umfragen des Gesamtverbands Kommunikationsagenturen ist die Lebensmittelbranche der größte Auftraggeber der GWA-Agenturen. Der Lebensmittelsektor gehört dabei seit 2017 zu den Top 5-Auftraggebern und belegt seit zwei Jahren den ersten Platz.
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Zudem hat das Werbeverbot Auswirkungen auf die Marktstruktur und die Innovationsanreize der werbetreibenden Unterhemen der Lebensmittelbranche. Werbung ist ein wichtiges Kommunikationsinstrument der Unternehmen. Sie dient der Sichtbarmachung von Unternehmen und ihren Produkten und erhöht darüber die Erfolgswahrscheinlichkeit von Produktinnovationen. Ohne die Möglichkeit, Produktinnovationen bewerben zu dürfen, laufen die Unternehmen Gefahr, Verluste mit der Produktinnovation einzufahren. Dies reduziert die Innovationsanreize der etablierten Unternehmen und Marktzutritte durch Newcomer. In der Folge werden bestehende Marktstrukturen verfestigt und der Wettbewerbsdruck gesenkt. Die Reduzierung des Wettbewerbsdrucks schmälert zusätzlich die Innovationsanreize der etablierten
Unternehmen.