Haucap, J., D. Fritz, S. Thorwarth.
Ein Gutachten im Auftrag des Deutschen Sportwettenverbands (DSWV) und des Deutschen Online Casinoverbands (DOCV).
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Kurzfassung
Die Bundesländer haben sich auf den Entwurf des Glücksspielneuregulierungsstaatsvertrags („GlüStV 2021“) geeinigt, der am 1. Juli 2021 in Kraft treten soll. Der Entwurf des GlüStV 2021 baut auf dem bisherigen Glücksspielstaatsvertrag auf und lockert die bisherige strikte Verbotspolitik im Glücksspielwesen, die sich vor allem im Zuge der Digitalisierung als nicht mehr zeitgemäß erwiesen hat.
Unter anderem sollen bestimmte Online-Glücksspiele unter strengen Regulierungsauflagen ermöglicht werden, wobei unterschieden werden soll zwischen (i) virtuellen Automatenspielen, (ii) Online-Poker und (iii) Online-Casinospielen (Roulette, Black Jack etc.). Neben dem GlüStV 2021 ist die Ausgestaltung der Besteuerung dieser Online-Glücksspiele ein zentraler Punkt der Neuregulierung. Die Besteuerung hat einen entscheidenden Einfluss darauf, ob die Ziele des GlüStV 2021 erreicht werden können. Das vorliegende Gutachten untersucht, wie die Besteuerung des Online-Glücksspiels ausgestaltet werden muss, damit die Ziele des GlüStV 2021 erreicht und unterstützt werden können.
Eine effektive Kanalisierung hin zu legalen Online-Glücksspielen muss durch eine funktionierende Besteuerung flankiert werden, welche Unterschiede der einzelnen Spielformen berücksichtigt und welche das legale Glücksspiel für Spieler nicht so unattraktiv macht, dass diese doch im nicht-legalen Markt spielen. Genau dies wäre bei einer Besteuerung des Spieleinsatzes in Höhe von acht Prozent jedoch zu erwarten: Eine solche Spieleinsatzsteuer gefährdet das Ziel der Kanalisierung des Glücksspiels in massiver Weise, weil eine Spieleinsatzsteuer von acht Prozent die möglichen Ausschüttungsquoten und somit die Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit des legalen Spiels so eklatant verschlechtert, dass viele Spieler lieber im nicht-legalen Markt spielen werden.
Da eine achtprozentige Spieleinsatzsteuer mit einer deutlichen Verschlechterung für all diejenigen Spieler einhergeht, welche ihre Spielaktivitäten im regulierten Markt tätigen, werden sehr viele dieser Spieler in den nicht-regulierten bzw. den Schwarzmarkt abwandern bzw. dort verbleiben. Das übergeordnete Ziel der Kanalisierung wird somit gänzlich verfehlt, sodass (a) auch die anderen Ziele des GlüStV 2021, wie der Jugend- und Spielerschutz, verfehlt werden, da sich diese nicht im nicht-regulierten Markt verfolgen lassen, und (b) auch das besteuerbare Gesamtspielvolumen drastisch sinkt und somit das erwartete Steueraufkommen nicht erreicht wird. Somit wirkt eine Spieleinsatzsteuer nicht nur dem Kanalisierungsziel, sondern auch den anderen Zielen des GlüStV sowie den fiskalischen Interessen gänzlich entgegen. Der GlüStV 2021 wird somit unter einer Besteuerung des Spieleinsatzes gänzlich scheitern.
Beispiele aus anderen Ländern zeigen, dass die Besteuerung des Online-Glückspiels effektiv nur über eine Bruttospielertragssteuer funktionieren kann. Diese sollte im Optimalfall zwischen 15 und 20 Prozent liegen. Nur so lässt sich eine hohe Kanalisierungsquote bei gleichzeitig hohem Steueraufkommen erreichen. Da Lotterien und Sportwetten sich maßgeblich in Funktionsweise, Ausschüttungsquoten und Wettbewerbsintensität von virtuellen Automatenspielen, Online-Poker und Online-Casino unterscheiden, sollten wenigstens diese drei Spielvarianten nicht einer Spieleinsatzsteuer unterliegen, sondern einer Bruttospielertragssteuer. Nur so lassen sich alle im GlüStV 2021 formulierten Ziele erreichen. Erwägenswert wäre darüber hinaus, auch bei Lotterien und Sportwetten die Besteuerung auf eine Bruttospielertragssteuer umzustellen.